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Mainzer Rheinzeitung , 16. Februar 2009

 

So richtig schön dreckig

"Am Vater Rhein in der Mutter aller Zelte" - Meenzer Drecksäck treten dieses Jahr im Zollhafen auf

Sie setzen Baudezernenten ein Denkmal, erwecken Schulen zum Leben und sind dabei angenehm politisch unkorrekt: Die Meenzer Drecksäck.

MAINZ. Manchmal werden große Dinge plötzlich winzig klein. Dann passt Mainz mitsamt dem routenreformierten Rosenmontagsumzug in ein Festzelt. Dann ziehen die Garden von MCV und MCC in Miniaturausgabe über die Boppstraße und biegen in die Kaiserstraße ein - und auf der Peter-Altmeier-Allee kommt ein eisiger Wind auf, geisterhaft begleitet von der Melodie von "Spiel mir das Lied vom Tod". Als die Mini-Garden beim windumheulten Schloss aus Pappe eintreffen, ist jedem klar: Der Rosenmontag wird kein leichter Tag.

Ein Horrorszenario für die einen, eine Steilvorlage für die anderen. Die Meenzer Drecksäck nehmen die Fastnacht und alles andere, was nicht schnell genug vor der satirisch geladenen Flinte flüchtet, gern ins Visier. Gefeuert wird dieses Jahr nicht im Haus der Jugend sondern "Am Vater Rhein in der Mutter aller Zelte". Ihre gleichlautende Kampagne zelebriert die selbst ernannte "Avantgarde unter den Garden" jetzt im Zollhafen. Unter widrigen Umständen wurde das Quartier ausgemacht: Die Markthäuser schieden wegen Zugluft aus, der prinzipiell für angemessen befundene Dom disqualifizierte sich wegen seiner Akustik. Irgendwann stand fest: Ein Zelt soll her. Dafür müssen dann eben auch mal ein paar Heringe dran glauben, die Moderatorin und Platzwärtin Birgit Schütz beim Eröffnungsfilm beherzt in den Boden einschlägt. Mit dem Schwanz zuerst, zum Entsetzen ihres Kollegen Günter Beck. Der zeigt ihr, wo der Hammer hängt: Mit dem Kopf zuerst muss das Ding in den Boden. Zack! Und da steht sie nun, die Mutter aller Zelte. In deren Schoß hat die legendäre Sau deutlich mehr Platz als im Haus der Jugend. So viel Platz, dass sie ein paar Mal sogar fast auf den Boden zwischen die 450 Besucher fällt.

Die lassen nicht nur die Sau fliegen, sondern beweisen auch ein Gespür für traurige Momente. Gemeinsam mit den Debütanten der Truppe "Die Sau bekommt ein Denkmal" beweinen sie die Relikte des scheidenden Baudezernenten Norbert Schüler: "Doch wenn ich deine Taten seh/so tun mir oft die Augen weh", lästert Sänger Christof Eder zur Peter-Maffay-Schnulze "So bist du". Und präzisiert: "Tote Platanen pflastern die Lu/Das warst du, nur du!". Und die Laienspielgruppe enthüllt eine bislang unbekannte Idee des scheidenden Dezernenten. So plant Schüler (Hermann Junglas) direkt vor der Pfeffermühle einen Aussichtsturm. Von dort aus soll man die vom neuen Parkhaus verdeckte Zitadelle bewundern.

Skurrile Szenarien spielen sich im Mainzer Schulamt ab, frei interpretiert von den "Krawixxern". Dort sollen die vier fleischgewordenen Schulformen bei Sachbearbeiterin Elvira Filzbacher (erstmals dabei: Johannes Klomann) ihren Entwicklungsstand präsentieren. Merkwürdige Fusionen sind nicht ausgeschlossen: Filzbacher empfiehlt eine Allianz von Volkshochschule und Anne-Frank-Schule zur "Realschule 50 plus". Doch die Schulformen wollen nicht immer so, wie es das Amt will. Die störrische Hauptschule möchte sich partout nicht in Luft auflösen.

Die Mainzer Stadtpolitik, die Finanzkrise, Andrea Ypsilanti und Jörg Haider erweisen sich als dankbare Zielscheiben. Ein paar Längen und einige abfallende Pointen im ersten Teil lassen satirische und komödiantische Feinschliffe umso glanzvoller hervortreten. Die fabriziert angenehm politisch unkorrekt Markus Höffer-Mehlmer ("Jörg Haider, der Erfinder der Abwrackprämie"). Die steuert die unwiderstehliche Männertanzgruppe in kurz gelüfteten schwarzen Anzügen mit ihrer Agenten-Performance zu James-Bond-Titelmelodien bei. Die besorgt der unheilige klerikale Chor zu den bissigen Pointen von Prediger Peter Herbert Eisenhuth, für die das Publikum manchmal Bedenkzeit braucht: "Die UNO ist meist zu spät dran/kein Wunder, der Chef heißt ja auch Ban". Unmittelbare Schunkelreflexe löst der Chor aus, als er stellvertretend für die hessische Ex-SPD-Chefin Andrea Ypsilanti fragt: "Ist das dein Arsch oder meiner/der in die Regierung will?"

Nach fünf Stunden feiner Satire und groben Kalauern, dreckigen Sprüchen und sauberen Pointen fasst die neue, solide rockende Band "Dudens Delirium" schlicht zusammen, worauf es hier wirklich ankommt: "Wenn die Sau fliegt, geht"s uns gut", singt Wolfgang Ludwig. Das klingt viel optimistischer als das Original "Ain"t no Sunshine when she"s gone".

   Anna Kröning

 

 


Meenzer Drecksäck  |  info@meenzer-drecksaeck.de